Die römische Stadt Ovilava (heute Wels in Oberösterreich) repräsentierte aufgrund ihrer günstigen Lage an der Kreuzung zweier bedeutender Fernstraßen eines der wichtigsten Handels- Kultur- und Verwaltungszentren der Provinz Noricum. Gegründet im 1.Jht. n.Chr. blieb Ovilava bis zu ihrem Untergang Ende des 5.Jhts eine Zivilstadt, deren Bevölkerung in den Nekropolen vor den Stadttoren, meist entlang der Fernstraße von Lauriacum nach Iuvavum bestattet wurden. Heute liegen die meisten Bereiche dieser Bestattungsareale in der dicht bebauten Stadt Wels und sind daher einer systematischen Freilegung nicht zugänglich.
Im Rahmen von Rettungsgrabungen konnten zwischen 2004 und 2010 insgesamt 135 Körpergräber und 292 Brandgräber im Gräberfeld Ost freigelegt werden. Bis dato wurden 153 Individuen unter Einschluss von Methoden der digitalen Archäologie und Bioarchäologie untersucht. Radiokarbondatierungen weisen auf eine Nutzung des Bestattungsareals zwischen etwa 50 und 750 n. Chr. hin. Räumliche Analysen identifizierten verschiedene Clusterbereiche des Gräberfeldes, und eine spatio-temporale Auswertung belegt sowohl chronologische als auch demographische Unterschiede zwischen den Bereichen. Besonders auffällig ist aber die deutliche Unterrepräsentanz weiblicher Individuen im Gräberfeld. Obwohl für eine Zivilstadt ein eher ausgeglichenes Geschlechterverhältnis zu erwarten wäre, stellen Frauen im Gräberfeld von Ovilava eine Minderheit dar. Dies wirft Fragen nach dem Verbleib der Frauen von Ovilava auf, die im Rahmen des Vortrags in verschiedenen Erklärungsansätzen kritisch diskutiert werden. |
The Roman city of Ovilava (today Wels in Upper Austria) was one of the most important commercial, cultural and administrative centres in the province of Noricum due to its favourable location at the crossroads of two important highways. Founded in the 1st century AD, Ovilava remained a civilian town until its demise at the end of the 5th century. Its inhabitants were buried in the necropolises outside the town gates, mostly along the main road from Lauriacum to Iuvavum. Today, most of these burial areas are located in the densely built-up city of Wels and are therefore not accessible for systematic excavation.
Between 2004 and 2010, rescue excavations uncovered a total of 135 inhumation graves and 292 cremation graves in the eastern cemetery. To date, 153 individuals have been examined using digital archaeological and bioarchaeological methods. Radiocarbon dating indicates that the burial area was used between around 50 and 750 AD. Spatial analyses identified different cluster areas of the cemetery, and a spatio-temporal evaluation revealed both chronological and demographic differences between the areas. Particularly striking, however, is the clear under-representation of female individuals in the cemetery. Although a rather balanced gender ratio would be expected for a civilian town, women represent a minority in the cemetery of Ovilava. This raises questions about the whereabouts of the women of Ovilava, which will be critically discussed in various explanatory approaches during the lecture. |
A.o. Univ.-Prof. MMag. Dr. Sylvia Kirchengast PhD, Department für Evolutionäre Anthropologie, Universität Wien
Dr. Dominik Hagmann BA MA, Department für Evolutionäre Anthropologie, Universität Wien sowie ARDIG – Archäologischer Dienst GesmbH
Der Vortrag wird im 5.OG der Postsparkasse (Zugang über Georg-Coch-Platz 2) hybrid abgehalten, wir freuen uns sehr auf Ihr persönliches Erscheinen und auf die Teilnehmer:innen online! Im Anschluss an den Vortrag und die Diskussion findet ein Postkolloquium in einem nahe gelegenen Restaurant statt.
Gebäudeplan der Postsparkasse